Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 5. Januar 1999

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"Auf der Strecke blieb ein hart umkämpftes Grundrecht / Mit dem Großen Lauschangriff gilt die Wohnung nicht mehr länger als unverletzlich / FR-Serie (XII)
Die FR blickt zurück auf ein politisch bewegendes Jahr. ... Ein Grundrecht wurde preisgegeben. Der Staat griff in die Privatsphäre ein. Die Wohnung ist nicht mehr unverletzlich. ... In den ersten Wochen des Jahres 1998 war die öffentliche politische Debatte in Deutschland vom Großen Lauschangriff bestimmt. Vorausgegangen waren jahrelange Vorbereitungen: In einer Entschließung des Bundestages vom 6. Juni 1992 wurde angeregt, die 'Möglichkeit und Notwendigkeit einer verfassungsrechtlich einwandfreien und praxisgerechten Regelung des Einsatzes technischer Mittel' in Wohnungen zum Zweck der Bekämpfung organisierter Kriminalität zu prüfen. ... In wochenlangen zähen Gesprächen verständigten sich CDU/CSU, SPD und FDP - Verhandlungsführer waren Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) und sein Nachfolger Otto Schily (SPD) - über den Großen Lauschangriff, den Kanther verharmlosend 'technische Wohnraumüberwachung' nannte. ... Am 16. Januar befürwortete der Bundestag mit vier Stimmen Mehrheit die Verfassungsänderung. Am 6. Februar folgte der Bundesrat mit nur einer Stimme Mehrheit. ...der Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) ... erzwang, daß für die Ausführungsgesetze zum Lauschangriff ein Vermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Die rot-grüne Mehrheit im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat verlangte, außer Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten all diejenigen Berufsgruppen vom Belauschen auszunehmen, denen Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. ... Nicht nur SPD und Grüne sowie die PDS (bis auf zwei Abgeordnete) stimmten den erweiterten Ausnahmen zu, sondern auch neun FDP-Bundestagsabgeordnete, und ein FDP-Fraktionsmitglied enthielt sich." FR 5.1.99 S. 4

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"Das Ende des Privaten / Kameras an jeder Ecke, in jedem Raum - die Zukunft hat 1000 Augen
... Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, legt sich derzeit ein Netz elektronischer Augen über die Städte der westlichen Welt: Neue Technik macht Videokameras kleiner, intelligenter, billiger. Übers Internet lassen sich ihre Bilder von überall her abrufen. Da kommt nicht nur dem Staat und Unternehmen zunehmend die Lust am Überwachen - sondern auch dem Bürger selbst. Verschwindet die Privatsphäre? Kommt die totale Öffentlichkeit? ... In den vergangenen zehn Jahren stellten britische Städte mehr als 300 000 Überwachungskameras auf, schätzt die Datenschutzorganisation Privacy International. ... Auch in Deutschland werden Überwachungsanlagen der Polizei hoffähig. Zwar gibt es bisher nur wenige, die öffentliche Plätze beäugen - zum Beispiel in Leipzig, wo im Oktober 1996 eine ferngesteuerte Kamera in der Innenstadt installiert wurde. Doch der politische Druck wächst, mehr davon aufzustellen. ... Richtig interessant sind Kameras für Privatleute allerdings erst geworden, weil sie sich inzwischen leicht ans Internet anschließen lassen. ... Tausende von sogenannten Webcams liefern heute regelmäßig Schnappschüsse von Marktplätzen oder Aquarien, Landschaften oder Kaffeemaschinen. ... Doch die Webcams können problematisch werden: Immer mehr amerikanische Kindergärten installieren sie in ihren Räumen. So können sich Eltern jederzeit bei Web-Diensten wie ParentNet oder KinderCam einschalten, um sich über das Wohlbefinden ihres Nachwuchses zu informieren - oder zu kontrollieren, ob das Personal hält, was es auf Elternabenden verspricht. Längst setzen Unternehmen die Webcams und andere Minikameras dazu ein, um ihre Beschäftigten zu bespitzeln. Vor allem 'im privaten Bereich' habe die Zahl von Minikameras 'rasant zugenommen', heißt es im jüngsten Bericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz." DIE ZEIT Nr. 1/1999 30.12.98 S. 2

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"Eine Stadt gegen das Böse / Versteckte Kameras sollen Kapstadt wieder sicherer machen
'Laßt uns eine deutliche Aussage an die Verbrecher dieser Stadt senden: Seid auf der Hut, wir beobachten Euch.' Dies waren die Worte eines Stadtrats anläßlich der Einführung eines neuen Kamerasystems zur Bekämpfung der Kriminalität in der südafrikanischen Metropole Kapstadt. Zwölf Kameras einer internen Fernsehanlage wurde Anfang Dezember in einem Pilotprojekt an verschiedenen Punkten der Stadt aufgestellt und senden jetzt 24 Stunden am Tag ihre Bilder zu einem zentralen Kontrollraum. ... Ist das Projekt erfolgreich, soll das Überwachungssystem auf weite Teile der Kapmetropole ausgedehnt werden. ... Die Kameras können Verdächtige aus bis zu zwei Kilometer Entfernung heranzoomen und sind mit Infrarot-Nachtsichtsystemen ausgestattet. ... Außerdem besteht die Möglichkeit, ganze Stadtviertel per Kamera nach Verdächtigen abzusuchen." SZ 5./6.1.98

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"Kameras auf jüdischen Friedhöfen?
Zum Schutz der fünf jüdischen Friedhöfe in Berlin werden möglicherweise bald Videokameras eingesetzt. Er habe dagegen keine Bedenken, betonte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, am Montag während eines Gesprächs mit Innensenator Eckart Werthebach (CDU). Eine endgültige Entscheidung soll in einer Arbeitsgruppe von Sicherheitsexperten der Polizei und der Jüdischen Gemeinde getroffen werden." Welt 5.1.98 S. 29

"Grabüberwachung weiterhin unklar / Nach einem Treffen von Nachama und Werthebach soll eine Arbeitsgruppe klären, ob Galinskis Grab per Video überwacht wird" taz 5.1.99 S. 17

"Nachama spricht sich für Videoüberwachung aus" Tsp 5.1.99 S. 9

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"Energieleistung: Eine Stadt wird gefilmt / Aus Videobildern und Daten soll ein Wärmekataster entstehen / Fernziel: weniger Schadstoffe, bessere Luft
Als vermutlich erste Stadt in Deutschland läßt Bad Homburg bis Ende Februar Videoaufnahmen aller öffentlichen und privaten Gebäude anfertigen. Sie sollen dazu beitragen, ein Wärmekataster zu erstellen. Mit dessen Daten sollen öffentliche Hand und Privatleute zu einem Energiesparprogramm ermuntert werden. ... Der Filmtrupp wird Straße für Straße der 51 000 Einwohner zählenden Kurstadt am Taunus abfahren. Dabei werden ... Daten zusammengetragen, die die Grundlage für ein 'Integriertes Klimaschutzrahmenkonzept' liefern sollen. ... Mit den Videobildern ... werden unter anderem Geschoßzahl, Bauvolumen, Baujahr, Dach- und Kellerausbau und Dachneigungen ermittelt. Mit all diesen Angaben und mit jetzt bereits im Rathaus vorhandenen Daten von Steuer-, Hochbau- und Liegenschaftsamt sowie Werten von den Schornsteinfegern können Fachleute ausrechnen, wieviel Wärmeenergie in jedem einzelnen Haus nach seinem derzeitigen technischen Zustand verbraucht wird und wieviel gespart werden kann, wenn welche Modernisierungen erfolgen ... . ... ...dem Bauamt blieben die Videoaufnahmen sämtlicher Häuser beiläufig als Grundlage für die Beratung von Bauleitplanungen und Baugenehmigungsverfahren." FR 5.1.98 S. 23

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"Deutsche Bahn muß Daten löschen
Die Deutsche Bahn muß Daten von Bahn-Card-Kunden, die sie gegen den Willen der Käufer an die Citibank weitergeleitet hat, wieder löschen lassen. Das hat das Amtsgericht Kassel in einem jetzt bekanntgewordenen Urteil entschieden (Az.: 242 C 1260/98)." HB 5.1.99 S. 4

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"Stets zu Diensten / Mit Rot-Grün wird es keinen Einstieg in eine geheimdienstfreie Gesellschaft geben. Einige Vorschläge, was sich dennoch ändern sollte
... Unter Rot-Grün wird es weder einen Einstieg in die geheimdienstfreie Gesellschaft noch einen Ausstieg aus dem autoritären Sicherheitsstaat geben. Nur einen harmlosen Satz widmet der Koalitionsvertrag den Geheimdiensten: 'Wir werden die parlamentarische Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit, die zur Zeit in mehreren Gremien stattfindet, in einem Kontrollgremium zusammenfassen und dessen Befugnisse ausweiten.' ... Es ist also nicht verwunderlich, daß mit dieser SPD eine rechtsstaatliche 'Zähmung' der Geheimdienste auch auf Bundesebene wenig Chancen hat. Deshalb kann die im Koalitionsvertrag beschlossene Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle aus Sicht der Grünen allenfalls als Trostpflaster gewertet werden nach dem Motto: Wenn an der Substanz nicht zu rütteln ist, dann verbessern wir wenigstens die Kontrolle. ... Es gibt hier also noch Gestaltungsspielraum. In dem Gesetzentwurf der Koaliton müßte unter anderem festgeschrieben werden:
- daß jede Fraktion mindestens einen Sitz im neuen Kontrollausschuß erhält,
- daß der Ausschuß das Recht erhält auf Einsicht in Geheimdienstunterlagen, auf unangemeldeten Zugang zu Geheimdiensteinrichtungen sowie auf Anhörung von Mitarbeitern, Auskunftsspersonen und externen Sachverständigen,
- daß sämtliche Kontrollrechte bereits auf Antrag nur einer Fraktion geltend zu machen sind (Minderheitsrecht),
- daß ein vom Ausschuß zu bestimmender Sachverständiger beauftragt werden kann, die Kontrollrechte für den Ausschuß wahrzunehmen.
... Darüber hinaus ist an die Einsetzung eines unabhängigen Geheimschutzbeauftragten nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten zu denken. Gleichzeitig sollten die Auskunftsrechte von Betroffenen verbessert werden. Die Verweigerungsgründe der Geheimdienste sind erheblich zu reduzieren, außerdem sollten Betroffene auch ein Akteneinsichtsrecht erhalten." taz 5.1.98 S. 12

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"Die Autoknacker waren von der Polizei / Monatelang hörte die Polizei eine Gruppe von Möchtegern-Dealern ab - die aufwendige Aktion gegen die Kleinkriminellen entpuppte sich als Flop
Die Täter, die sich am 14. November 1997 nachts im bayerischen Kaufbeuren vor dem schlecht beleumundeten Bistro 'Titanic' an dem auberginfarbenen 5er BMW zu schaffen machen, sind Profis. Im Nu haben sie den Wagen geknackt und kurzgeschlossen. ... Die Autoknacker waren Spezialfahnder der Polizei, eingesetzt zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Sie hatten das Fahrzeug 'entliehen', damit Experten des bayerischen Landeskriminalamtes in einer Polizeiwerkstatt ungestört eine Wanze einbauen konnten. ... Die Polizei darf im Verdachtsfall Abhöreinrichtungen in Autos einbauen, entschied der Bundesgerichtshof im Sommer 1997. Doch die Variante, die sich Polizei und Staatsanwaltschaft in Kaufbeuren einfallen ließen, wird ein Nachspiel vor dem Bundesverfassungsgericht haben. ... ...der Autoklau durch die Hüter des Gesetzes war rechtswidrig. ... 1996 hatte das Landgericht Freiburg über den Einsatz von Minispionen ein vielbeachtetes Urteil gefällt. Darin bestätigten die Richter: Die Polizei hat das Recht, zur Aufklärung von Verbrechen ein Auto heimlich zu öffnen - und auch Wanzen einzubauen. Allerdings dürfe der Wagen dafür nicht von seinem Standort entfernt. Diese Auffassung wird inzwischen vom Bundesgerichtshof geteilt." SZ 5.1.99 S. 10

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"In den Schaltkreisen des Chaos / 2000 Computer-Hacker trafen sich in Berlin zum jährlichen 'Chaos Communication Congress'
... Rund 2000 Mitglieder der deutschen und internationalen Hackerszene trafen sich, wie jedes Jahr, zwischen Weihnachten und Neujahr auf Einladung des Chaos Computer Clubs (CCC, www.ccc.de) zum jährlich größten deutschen Hackertreffen. In Seminaren konnten die Teilnehmer ihr technisches Wissen auffrischen. ... Zeitgleich drehten sich Vorträge und Podiumsdiskussionen immer wieder um das Selbstverständnis von Hackern und ethische Fragen. ... Hacker-Guru Wau Holland ... kam in seinen Vorträgen über die 'Geschichte des Hackertums' und 'Sprache, Dienste und Kultur des Internets' immer wieder auf seine grundsätzliche Feststellung zurück, wonach 'Hacker lediglich Fehler im System aufdecken und freien Zugang zu allen gesellschaftlich relevanten Informationen schaffen wollen, wobei die Privatsphäre bestmöglich zu schützen ist'." SZ 5./6.1.99

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"Senat führt keine Liste mit Maklern von Scientology / Stahmer: Aufstellung ist zu schnell 'veraltet'
Der Berliner Senat erstellt nach Angaben von Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) keine Listen von Immobilienunternehmen, die der umstrittenen 'Scientology' nahestehen. ... Listen solcher Unternehmen seien datenschutzrechtlich problematisch, denn sie wären Momentaufnahmen und daher 'schnell veraltet'. Außerdem wären sie geeignet, bei Unkundigen den falschen Eindruck der Vollständigkeit hervorzurufen und notwendiges kritisches Bewußtsein entbehrlich erscheinen zu lassen." BerlZtg 5.1.99 S. 22

"Senat erstellt keine Listen 'scientologynaher' Firmen" Tsp 5.1.99 S. 9

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